
‚Sowas‘, damit ist Fischgeschirr gemeint. Niemand ‚braucht‘ so etwas, ist doch klar. Fisch kann man von jedem normalen Teller essen und der frische Matjes schmeckt sowieso am besten, wenn man ihn aus der Hand oder im Fischbrötchen genießt.
Wozu gibt es dann diese phantasievoll verzierten, bemalten und in Form gebrachten Teller, Servierplatten, Grätenteller, Austernteller, Saucieren, Schalen, Formen und Terrinen mit Fischdekor oder in Fischform? Es gibt doch auch keine Teller, die einem Kotelett nachempfunden sind oder Gemüseplatten in Möhrenform oder? Und Teller mit Blumendekor sind erfahrungsgemäß nicht für Wildkräutersalat mit frischen Blüten reserviert.
Obwohl dieses Geschirr also niemand wirklich braucht, sind Fischteller z.B. in Unteritalien schon aus vorchristlicher Zeit bekannt. Barsche, Brassen, Meeräschen, Kraken und Muscheln zierten Teller, die in campanischen und apulischen Gräbern gefunden wurden.
Fisch war außerordentlich beliebt und tauchte sicher auch außerhalb der Fastenzeiten auf den Speiseplänen auf, wenn er denn zu bekommen war. Das Recht, Fische zu fangen war, ebenso wie das Jagdrecht, in den meisten Gesellschaften streng geregelt. Das Privileg lag meist bei Adel und Klerus. Süßwasserfische standen also überwiegend auf dem Speiseplan der Besitzer von Teichen und Seen. Sie verfügten über die finanziellen Mittel zur Anschaffung speziellen Porzellans. Seefische fanden seit der Hansezeit ihren Weg auch in die küstenfernen Küchen. Gepökelt und damit lange haltbar galt der heute selten gewordene Hering über lange Zeit als „Arme-Leute-Fisch“. Erst mit der Erfindung der Kühltechnik erweiterte sich das Angebot auch auf westfälischen Speisezetteln.
Kamen und kommen auch heute noch die meisten Speisen auf einem der handelsüblichen „All-Round-Geschirre“ auf den Tisch, so gibt es doch für spezielle Speisen immer auch besondere Serviermöglichkeiten. Aktuell zum Beispiel die Spargel-Platten mit einem flachen Siebaufsatz zum Ablaufen des Kochwassers, gern bemalt mit dem königlichen Gemüse oder gar figürlich ausgebildet. Für Wildgerichte kennen wir Geschirre mit Jagdmotiven, die aber selten so speziell genutzt werden.
Und dann ist da natürlich das Fisch-Gedeck mit seiner sehr differenzierten Gestaltung. Hand auf’s Herz: Wer würde von einem solchen Teller ein Schnitzel essen wollen? Das Auge isst mit und macht aus der ehemaligen Fastenmahlzeit ein ganz besonderes Festessen.


Annette Menke
„Bochum ich komm aus Dir“ und „… Stern des Südens“ sind die Pole, zwischen denen sich Annette Menke bewegt. Die promovierte Kunsthistorikerin ist seit über dreißig Jahren Museumsfrau mit Leib und Seele. Als Inklusionsbeauftragte kümmert sie sich außerdem um die Belange von Besucher:innen mit besonderen Bedürfnissen. Die Hobbyköchin liebt Musik, Bücher, Reisen und das Leben im Münsterland.



